Ruth Bussche

Fotostoria

Daran und damit arbeite ich: Provenienzforschung, wissenschaftliche Datenbanken, webbasierte Forschungsumgebungen, Fotogeschichte, historische Bildsammlungen, Normdaten

rbussche

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Wenn sich P.E.N Zentrum und Börsenverein zusammentun, um eine Erklärung unter dem Titel „Frankfurter Mahnung“ veröffentlichen, ja dann erwartet man doch eine weise, wohlüberlegte und auch wohlbegründete Stellungnahme zu einem gesellschaftlich bedeutsamen Thema.

Deutschland verliert, heisst es dort, „mit dem fehlenden Respekt für geistige Schöpfungen zugleich seine Rolle als eine der führenden Kultur- und Bildungsnationen“.

Der Ruf Deutschlands als eine führende Kultur- und Bildungsnation gründet sich auf Menschen wie Alexander von Humboldt, die gerade nicht in einer Zeit lebten, die von ausuferndem Urheberrecht geprägt wurden.

Es wird postuliert, das wegen fehlender Bodenschätze Deutschland darauf angewiesen sei, Schaffer vervielfältigungswürdiger Inhalte zu schützen, damit genügend Anreize für die Schaffung solcher Inhalte bestehen. Schließlich soll, im letzten Satz, der Staat mehr Geld in Wissensbereitstellung und -aufbereitung investieren.

Spätestens hier wird deutlich, dass die „Frankfurter Mahnung“ in Ihrem Kern eine Art Subventionsantrag ist, der durch ein paar wirr kombinierte Behauptungen aus der volkswirtschaftlichen Klamottenkiste ergänzt wurde.

Natürlich ist es gerechtfertigt, wenn Autoren literarischer Werke und Komponisten ihr Urheberrecht wahrnehmen und sich vergüten lassen. Die Vertreter von Open Access fordern ja nicht, dass jegliche geistige Leistung frei sein muss.

Open Access zielt auf die freie Zugänglichkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse. Die wissenschaftliche Diskussion braucht diese Erkenntnisse, damit sie geführt werden kann. Je mehr Wissenschaftler von der Diskussion aus Kostengründen ausgeschlossen werden, umso ärmer wird die Diskussion. Schon jetzt ist es so, dass Wissenschaftler die keiner gut betuchten Organisation wie der Max-Planck-Gesellschaft angeschlossen sind, es sehr schwer haben, die Kosten für die Nutzung von Fachpublikationen zu tragen.

In diesem Zusammenhang ist vielleicht interessant, dass der Fachverlag Elsevier im Jahr 2005 eine Umsatzrendite von über 30% hatte. Die so erzielte Rendite ist natürlich dem Wissenschaftsbetrieb entzogen, weil sie an die Anteilseigner ausgeschüttet wird.

Wer die Erkenntnisse aus seiner wissenschaftlichen Tätigkeit publiziert, der macht das sicherlich nicht wegen des jährlichen Schecks der VG Wort. Rechnet man neben den üblichen Druckkostenzuschüssen noch die jahrelange Arbeit der wissenschaftlichen Auseinandersetzung hinzu, sind die meisten anderen beruflichen Tätigkeiten bedeutend lukrativer.

Wirtschaftlich ist der Effekt einer Veröffentlichung eher indirekt. Eine qualitativ gute, lange Publikationsliste erhöht die Chancen einer besser bezahlten oder interessanteren Stelle. Hierbei ist die wissenschaftliche Wahrnehmung der Publikation von entscheidender Bedeutung. Wird die wissenschaftliche Wahrnehmung aufgrund steigender Kosten und damit reduzierter Verbreitung geringer, wird der Zugang zu Veröffentlichungen reduziert – Wissenschaft wird elitär und entzieht sich einer breiten Diskussion. Wir glauben nicht, dass das auf Dauer förderlich sein kann.

Dass auch der P.E.N. Deutschland und der Börsenverein die Vorteile einer offenen geistigen Schöpfung zu nutzen wissen, sieht man an den jeweiligen Internetauftritten. Laut Netcraft nutzen beide Organisationen das Linux-Betriebssystem und den Apache Webserver. Beides sehr schöpferische Projekte, die unter einem dem Urheberrecht ähnlichen Mechanismus nicht entstanden wären, die im Gegenteil nur durch das gemeinschaftliche Zusammenarbeiten und unter Open Source entstehen konnten.

Es wäre besser gewesen, die Autoren der „Frankfurter Mahnung“ hätten sich ein wenig mehr mit der Problematik auseinandergesetzt. Wir finden es unangemessen, sein moralisches Gewicht in die Wagschale zu werfen, wenn die Argumentation derart oberflächlich ist. Am Ende hinterläßt derart platte Lobbyarbeit einen sehr schalen Nachgeschmack.

Links
Frankfurter Mahnung
Heise online
Archivalia
Das Literatur-Café
Open Access News
Der Schockwellenreiter
Institut für Urheber- und Medienrecht
irights.info
Luxcommons

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